Lohnsteuer-Info
Januar 2000
Verfasser: Dipl.-Finw. Michael Seifert, Steuerberater, Troisdorf
Herausgeber: Industrie- und Handelskammer zu Köln
In dieser Ausgabe:
Aus der Gesetzgebung *
Steuerbereinigungsgesetz 1999 wurde beschlossen
*Zum Kürzungs- und Hinzurechnungsbetrag auf einer Lohnsteuerkarte
*Aus der Finanzverwaltung
*BMF-Schreiben zu den amtlichen Sachbezugswerten 2000
*Aus der Rechtsprechung
*Garagengeld als steuerpflichtiger Arbeitslohn?
*Neues zur Arbeitnehmereigenschaft
*Steuerbereinigungsgesetz 1999 wurde beschlossen
Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat sich auf Beschlüsse zum Steuerbereinigungsgesetz 1999 geeinigt. Diese haben Zustimmung erfahren. Das Steuerbereinigungsgesetz 1999 wurde im Bundesgesetzblatt 1999 Teil I Seite 2601 bekannt gegeben. In wesentlichen Teilen ist es ab dem 1. Januar 2000 anzuwenden.
Der endgültige Gesetzestext des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 ist im Internet unter http://www.bundesfinanzministerium.de unter der Rubrik "Gesetzesbeschlüsse zum Zukunftsprogramm" abrufbar.
Lohnsteuerlich treten hierdurch im wesentlichen folgende Rechtsänderungen ein:
Eine Zusammenfassung über sämtliche Gesetzesänderungen ergibt sich auch aus der Verfügung der OFD Karlsruhe vom 27. Dezember 1999, veröffentlicht in: Der Betrieb 2000 S. 67.
Zum Kürzungs- und Hinzurechnungsbetrag auf einer Lohnsteuerkarte
Nach § 39b Abs. 1 Nr. 7 EStG wurde die Möglichkeit eingeführt, auf der Lohnsteuerkarte mit der Steuerklasse VI einen Freibetrag bis zur Höhe des steuerfreien Eingangsbetrags der Jahreslohnsteuertabelle für die Steuerklasse des Arbeitnehmers aus seinem ersten Dienstverhältnis eintragen zu können.
Gleichzeitig ist auf der Lohnsteuer-Karte für das erste Dienstverhältnis in gleicher Höhe ein Hinzurechnungsbetrag einzutragen.
Damit kann insbesondere ein nicht ausgenutzter Grundfreibetrag aus dem ersten Dienstverhältnis auf das zweite oder weitere Dienstverhältnis übertragen werden.
Zu Übertragung des nicht ausgeschöpften Grundfreibetrages auf eine zweite Lohnsteuerkarte im Ermäßigungsverfahren 2000 hat die OFD Hannover mit Verfügung vom 23.12.1999 (veröffentlicht: Der Betrieb 2000 S. 22) im wesentlichen folgendes ausgeführt:
Da in der Kürze der Zeit keine amtlichen Antragsvordrucke zur Verfügung gestellt werden können, sollen formlose Anträge entgegen genommen werden. Den Anträgen müssen die Lohnsteuer-Karten für das erste und zweite oder weitere Dienstverhältnis beigefügt werden. Zur Ermittlung des voraussichtlichen Arbeitslohns für das Kalenderjahr 2000 aus dem ersten Dienstverhältnis sollten die Antragsteller einen Nachweis über die Höhe des in 1999 erhaltenen Arbeitslohns vorlegen. Den Angaben des Antragstellers kann aber grundsätzlich gefolgt werden. Die Ermittlung des Freibetrags bzw. des Hinzurechnungsbetrags ist formlos auf den Anträgen zu vermerken.
Eintragungen auf den Lohnsteuer-Karten sind wie folgt vorzunehmen: Der nach § 39a Abs. 1 Nr. 7 EStG ermittelte Freibetrag ist auf der Lohnsteuer-Karte für ein zweites oder weiteres Dienstverhältnis einzutragen. Gleichzeitig ist auf der Lohnsteuer-Karte für das erste Dienstverhältnis in gleicher Höhe ein Hinzurechnungsbetrag als negativer Freibetrag einzutragen. Die Eintragung ist in Abschn. III mit einem deutlichen Minuszeichen versehen vorzunehmen und um den Klammerzusatz "Hinzurechnungsbetrag" zu ergänzen.
BMF-Schreiben zu den amtlichen Sachbezugswerten 2000
Das BMF hat mit Schreiben vom 22. Dezember 1999 ( IV C 5 - S 2334 - 91/99) zur lohnsteuerlichen Behandlung von unentgeltlichen oder verbilligten Mahlzeiten der Arbeitnehmer im Kalenderjahr 2000 Stellung genommen. Dabei werden auch die umgerechneten Euro-Sachbezugswerte genannt.
Es gilt danach folgendes:
"Mahlzeiten, die arbeitstäglich unentgeltlich oder verbilligt an die Arbeitnehmer abgegeben werden, sind mit dem anteiligen amtlichen Sachbezugswert nach der Sachbezugsverordnung zu bewerten. Dasselbe gilt für Mahlzeiten zur üblichen Beköstigung anlässlich oder während einer Auswärtstätigkeit oder im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung. Die Sachbezugswerte für das Kalenderjahr 2000 sind durch Artikel 1 der Verordnung zur Änderung der Sachbezugsverordnung vom 20. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2482) festgesetzt worden. Hiernach beträgt der Wert für Mahlzeiten, die im Kalenderjahr 2000 gewährt werden, einheitlich bei allen Arbeitnehmern in allen Ländern
a) für ein Mittag- oder Abendessen 4,77 DM,
b) für ein Frühstück 2,67 DM.
Im übrigen wird auf R 31 Abs. 7 und 8 LStR 2000 hingewiesen.
Nachrichtlich
Führt ein Arbeitgeber seine Lohn- und Gehaltsabrechnung in Euro durch, beträgt der Wert nach § 8 Abs. 2 Satz 6 des Einkommensteuergesetzes i.V.m. § 18h Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch
a) für ein Mittag- oder Abendessen 2,44 Euro,
b) für ein Frühstück 1,36 Euro."
Garagengeld als steuerpflichtiger Arbeitslohn?
Inländische Arbeitgeber und ausländische Verleiher haben nach § 38 Abs. 1 EStG Lohnsteuer von dem an den Arbeitnehmer gezahlten steuerpflichtigen Arbeitslohn einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Gerade in Zeiten einer hohen Steuer- und Abgabenbelastung stellt sich verstärkt die Frage, ob einzelne Zahlungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer als steuerpflichtiger Arbeitslohn anzusehen sind. Dies gilt auch für die Frage, ob das an einen Beschäftigten gezahlte Garagengeld als Arbeitslohn anzusehen ist. Hierzu gibt es unterschiedliche finanzgerichtliche Auffassungen.
Mit Urteil vom 29.10.1998 (XI 472/95, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az. des BFH: VI B 28/99; EFG 1999 S. 884) hat das Niedersächsische Finanzgericht wie folgt entschieden: Die Zahlung von Garagengeldern durch den Arbeitgeber ist durch die Besteuerung des privaten Nutzungswerts des Dienstfahrzeugs nach der 1-Prozentmethode abgegolten.
Das Finanzgericht Hamburg hat demgegenüber mit Urteil des Berichterstatters vom 18. August 1999 (I 1142/97 – Rev. eingelegt, Az. des BFH: VI R 145/99; EFG 1999 S. 1223) folgendes bestimmt:
In beiden Urteilsfällen stellte der Arbeitgeber insbesondere den im Außendienst Beschäftigten, ein Firmenfahrzeug zur Verfügung, welches auch für private Zwecke des Arbeitnehmers bzw. zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werden konnte. Den geldwerten Vorteil ermittelte der Arbeitgeber nach der pauschalen Wertermittlungsmethode.
Beispiel:
Der inländische Bruttolistenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung eines dem Arbeitnehmer überlassenen PKW beträgt 60.000 DM. Im Lohnsteuerabzugsverfahren wird für die private Nutzungsmöglichkeit der geldwerte Vorteil nach der 1-Prozentmethode ermittelt. Der Arbeitgeber zahlt dem Arbeitnehmer monatlich 50 DM. Diesen Betrag erhält der Beschäftigte dafür, dass das Firmenfahrzeug in der arbeitnehmereigenen Garage abgestellt wird.
Der geldwerte Vorteil aus der PKW-Überlassung wird mit (1% von 60.000 DM=) 600 DM monatlich bewertet; § 8 Abs. 2 EStG.
Der vom Arbeitgeber geleistete Geldbetrag von 50 DM ist für diesen genauso wie die weiteren PKW-Betriebskosten eine Betriebsausgabe.
Nach Auffassung des Niedersächsischen FG (a.a.O.) liegt hinsichtlich des an den Arbeitnehmer monatlich gezahlten Betrags von 50 DM kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Der Beschäftigte erzielt hinsichtlich dieser monatlichen 50 DM Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Die Differenz zwischen den Einnahmen und den Werbungskosten ist nach § 21 EStG einkommensteuerpflichtig.
Demgegenüber ist das FG Hamburg der Meinung, dass das Garagengeld nur hinsichtlich des Anteils der betrieblichen Nutzung des Fahrzeugs nicht zu Arbeitslohn, sondern zu Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung führt. Der betriebliche Nutzungsanteil kann entweder im Wege des Einzelnachweises nachgewiesen oder pauschal mit 75 Prozent geschätzt werden.
Der auf den privaten Nutzungsanteil des Fahrzeugs entfallende Anteil des Garagengeldes führt zu steuerpflichtigem Arbeitslohn und ist nach Auffassung des Hamburger Richters nicht durch die Anwendung der 1-Prozentmethode abgedeckt. Pauschal sind daher 25 Prozent des Garagengeldes als steuerpflichtiger Arbeitslohn monatlich dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen.
Ein geldwerter Vorteil entsteht nicht, da zu den Kosten, die durch die Anwendung der 1-Prozentmethode pauschal abgedeckt sind, auch die Garagenkosten zählen.
Dies gilt sowohl bei dem Garagengeld für die arbeitnehmereigene Garage, als auch bei einer von einem fremden Dritten angemietete Garage.
Eigene Auffassung:
Nach § 38 Abs. 1 EStG unterliegen nur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dem Lohnsteuerabzug. Unabhängig vom Bestehen eines Dienstverhältnisses sind Verträge zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer möglich. Diese sind bei angemessener Vereinbarung und ernsthafter Durchführung nicht als Teil des Dienstverhältnisses zu werten. Wie bereits das FG Hamburg (a.a.O.) ausführte, handelt es sich bei Vereinbarungen über die Zahlung eines Garagengeldes insgesamt um ein Nutzungsrecht und nicht um den Ausfluss aus dem Arbeitsverhältnis. Eine Aufteilung in nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegende Einnahmen (75 Prozent pauschal) und in dem Lohnsteuerabzug unterliegenden Arbeitslohn (25 Prozent pauschal) ist daher abzulehnen. Es bleibt aber abzuwarten, wie der BFH in dieser Streitfrage entscheidet.
Neues zur Arbeitnehmereigenschaft
Von besonderer Bedeutung ist die Beantwortung der Frage, ob ein bei einem Sportverein eingesetzter Sportler als Arbeitnehmer anzusehen ist. Das FG Bremen hat mit Urteil des Berichterstatters vom 30. Juni 1999 (1 99 024 K 6 – rechtskräftig; EFG - 1999 S. 1125) wie folgt entschieden:
Erhält ein Amateurfußballspieler von seinem Verein Zahlungen, die die dem Spieler im Zusammenhang mit dem Fußballspielen entstandenen Aufwendungen nicht unerheblich übersteigen, unterliegen die Zuwendungen als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Einkommensteuer. Anschluss an BFH -Urteil vom 23. Oktober 1992, VI R 59/91, BStBl II 1993, 303.
Urteilsanmerkungen:
In der Finanzverwaltung sind Tendenzen erkennbar, bei Sportvereinen in höherem Maße als bislang Lohnsteuerprüfungen durchzuführen. Dabei wird regelmäßig die Frage zu beantworten sein, ob Sportler, die vom Sportverein Zahlungen erhalten, als Arbeitnehmer anzusehen sind. Wird eine Arbeitnehmereigenschaft bejaht, ist der Sportverein verpflichtet, Lohnsteuer für die von ihm eingesetzten Amateurspieler anzumelden und abzuführen.
Von einer Arbeitnehmereigenschaft ist nach § 1 Abs. 2 Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (kurz: LStDV) auszugehen, wenn der Angestellte (Beschäftigte) seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Entscheidend ist das Gesamtbild der Verhältnisse. Auch die Ausübung von Sport kann zu einem Arbeitnehmerverhältnis führen. Dies gilt selbst dann, wenn der Sportler Vereinsmitglied ist. Zahlungen, die nur den tatsächlichen Aufwand des Sportlers abdecken sollen, verwirklichen jedoch noch nicht den Tatbestand der Einkunftserzielung, sondern bewegen sich noch im Bereich der Liebhaberei, hier des Sports. Solchen Betätigungen haftet nicht der Anschein an, sie würden gegen Entgelt erbracht und umgekehrt, damit im Zusammenhang stehende Geldzahlungen sollten entsprechende Leistungen abgelten. Anders verhält es sich aber, wenn ein Sportler im Zusammenhang mit seiner Betätigung Zahlungen erhält, die nicht nur ganz unwesentlich höher sind als die ihm hierbei entstehenden Aufwendungen. Dann ist der Schluss gerechtfertigt, dass der Sport nicht mehr aus reiner Liebhaberei, sondern auch um des Entgelts willen betrieben wird (vgl. BFH, Urteil vom 23. Oktober 1992, VI R 59/91, BStBl 1993 II, 303). Die Sportausübung ist in einem solchen Fall nicht mehr reiner Selbstzweck, sondern auch Mittel zur Erzielung von Einkünften.
Das FG Bremen konkretisiert diese BFH-Rechtsprechung. Die Finanzrichter sehen es zunächst als gegeben an, dass auch Breitensportler in immer stärkerem Maße von Vereinen oder hinter den Vereinen stehenden Mäzenen finanzielle Zuwendungen erhalten und die Sportler nicht mehr bereit sind, ohne Bezahlung nennenswerte sportliche Leistungen zu erbringen.
Im Urteilsfall erhielt der Sportler einen Betrag von 3.990 DM. Dem standen Aufwendungen von rund 1.300 DM gegenüber. Insoweit wurde von dem Vorliegen einer Arbeitnehmereigenschaft ausgegangen, weil die Zahlungen nicht nur ganz unwesentlich höher waren als die dem Sportler entstandenen Aufwendungen. Hieran änderte auch die Bezeichnung der Zahlung als Aufwendungsersatz nichts. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass diese Einzelfallprüfung - bezogen auf jeden einzelnen Sportler - durchzuführen ist. Hierauf sollten sich die betroffenen Vereine einstellen. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund der persönlichen Haftung des Vereinsvorstands. Selbst wenn eine Arbeitnehmereigenschaft des Sportlers vorliegt, bedeutet dies jedoch noch nicht, dass von sämtlichen Zahlungen Lohnsteuer einzubehalten ist. So können beispielsweise Steuerbefreiungsvorschriften (Reisekostenersatz, § 3 Nr. 16 EStG) oder Lohnsteuerpauschalierungen (Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, § 40 Abs. 2 Nr. 4 EStG; Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, § 40a EStG) zur Anwendung kommen. Zu beachten ist bei dieser Diskussion auch das Sozialversicherungsrecht. Insoweit kann bei Vorliegen einer Arbeitnehmereigenschaft eine Beitragspflicht entstehen.